Kurzbericht zum 5. Deutschen Inspizientenkongress 2018 in Hamburg
5. Deutscher Inspizientenkongress
„Inspizienz – aber sicher!“
25.-27. Juni 2018 im Mittelrangfoyer des Thalia Theater Hamburg
von Tilla Foljanty, Ralph Hönle und Katrin Reichardt
Ende Juni trafen sich 40 Inspizient*innen und Stage Manager*innen aus allen Sparten zum 5. Deutschen Inspizientenkongress in Hamburg.
Die Runde wurde durch die Künstlerische Betriebsdirektorin des Thalia Theaters Karin Becker begrüßt. Sie brachte ihren großen Respekt vor dem Inspizientenberuf als einem der verantwortungsvollsten Berufe am Theater zum Ausdruck und bedankte sich bei den organisierenden Inspizienten des Hauses Corinna Fussbach, Barbara Zoppke-McLoughlin und Heiko Fischer.Als Auftakt des ersten Kongresstages berichteten Katrin Reichardt, Ralph Hönle und Tommy Egger stellvertretend für das Organisationsteam über die Entwicklung des Inspizienten-Netzwerks seit dem ersten Inspizientenkongress 2013 in Schwerin.
Die Qualifizierung der Berufsgruppe der Inspizienten stellt seither den Schwerpunkt der bisherigen Arbeit dar.
Als wichtiger Schritt wurde eine Berufsbeschreibung erarbeitet, die inzwischen die bislang vorhandenen, teilweise fehlerhaften und unvollständigen Versionen ersetzt hat: Die aktualisierte Version ist seit Dezember 2016 online und kann u.a. auf der Website des Deutschen Bühnenvereins aufgerufen werden.
Mit Unterstützung der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft (DTHG) wurde auf der Grundlage der Ergebnisse der Inspizientenkongresse an einem Konzept für Qualifizierungsmaßnahmen gearbeitet.
Ein erstes Seminar zur Qualifizierung, das ursprünglich für Ende Januar 2018 geplant war, musste abgesagt werden. Dies bot die Chance, das Konzept zu überdenken und neu aufzustellen. Als Grundlage wird nun zusammen mit der Interessengemeinschaft Veranstaltungswirtschaft (IGVW) ein Branchenstandard für den Beruf des Inspizienten erarbeitet, welcher als Basis für qualifizierende Maßnahmen dienen wird. Erste Formulierungen der Qualifizierungsstufen hat das Organisationsteam des Inspizienten-Netzwerks bereits ausgearbeitet. Diese Inhalte werden den Inspizienten im internen Bereich der Homepage zur Diskussion bereitgestellt.
Im Sommer 2017 fand am Londoner Rose Bruford College das European Stage Management Symposium statt, eine Weiterbildungsveranstaltung unter der Leitung von Rachel Candler, an der 29 Inspizient*innen und Stage Manager*innen teilnahmen. Die ausführliche Betrachtung der Arbeit im britischen Stage-Management-System wurde von den Teilnehmern als sehr wichtige positive Bereicherung aufgenommen.
Ein wichtiges Thema sind die häufig ausgeschriebenen Mehrfachverträge, in denen Inspizienten-, Regieassistenten- und Souffleurtätigkeiten zusammengefasst werden. Es ist den Inspizienten wichtig darzustellen, dass diese Kombinationen sehr kritisch von ihnen betrachtet wird: sie verleiten zu einer Überlastung des Einzelnen, denn jede der Funktionen hat spezifische Anforderungen und erfordert eigenständige Kompetenzen, was einer Zusammenlegung widerspricht.
Seit dem ersten Inspizientenkongress ist sehr vieles auf den Weg gebracht worden – mit überaus motivierendem Feedback. Festzustellen ist auch, dass zahlreiche Mechanismen in der Branche einiges an Durchhaltevermögen erfordern. Auch braucht es Zeit, um Wege der Kommunikation zu finden und langfristig etwas bewegen zu können. So wurde neben der Fachmesse Stage|Set|Scenery 2017 auch die Bühnentechnische Tagung (BTT) 2018 zur Präsentation und zum Austausch genutzt. Hier wurden Kontakte zum Deutschen Bühnenverein und Marc Grandmontagne geknüpft, der sich am zweiten Kongresstag den Inspizienten vorstellte.
Zentrale Frage ist und bleibt:
Was können wir Inspizienten tun, um als Berufsgruppe sichtbarer zu werden?
Tommy Egger stellte die neu überarbeitete Webseite der Inspizienten vor: www.inspizienten-netzwerk.de
Der derzeitige Verteiler des Inspizienten-Netzwerks erreicht rund 250 Kolleg*innen.
Ein weiteres Medium für den Austausch unter Inspizienten ist die Facebook-Gruppe “Inspizienten-Netzwerk”.
Das Inspizienten-Netzwerk hat sich aus den Teilnehmern des ersten Kongresses in Schwerin gebildet und hat sich seit 2013 stetig erweitert.
Im Lauf der Zeit hat sich eine Gruppe herausgebildet, die neben der Interessenvertretung gegenüber den verschiedenen Institutionen auch die Organisation der Kongresse unterstützte und zu Vertretern der Inspizienten wurde: das Organisationsteam des Inspizienten-Netzwerks. Spontan wurde aus der Runde der Inspizienten ein großer Dank an den Einsatz der Kolleg*innen des Orga-Teams ausgesprochen mit der Ermutigung zur Weiterführung ihrer Arbeit.
Der zweite Kongresstag bot ein umfangreiches Fachprogramm:
Kerstin Budde, Sicherheitsingenieurin in Hamburg, sensibilisierte in ihrem Vortrag „Gefährdungsbeurteilung: der Arbeitsplatz der Inspizient*innen“ erfolgreich für das Thema Sicherheit am eigenen Arbeitsplatz und überzeugte davon, dass Gefährdungsbeurteilungen notwendig sind: Neben der Sicherheit des Arbeitsplatzes fördert die Gefährdungsbeurteilung das Verständnis und die Kommunikation zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter, sie stellt eine Maßnahme zur Veränderung dar.
Rechtsanwältin Katrin Oelgarten referierte über die Neuerungen der letzten zwei Jahre im Bereich des NV Bühne und beantwortete zahlreiche Fragen zum Thema Bühnenrecht.
Die Firma Salzbrenner präsentierte ihr Servicespektrum im Bereich der Inspizientenanlagen.
Marc Grandmontagne, neuer Geschäftsführer des Deutschen Bühnenvereins, stellte den Inspizienten die Aufgabenfelder des Deutschen Bühnenvereins vor.
Der große abschließende Arbeitsblock des zweiten Tages widmete sich dem Thema Qualifizierung für Inspizienten.
Wesko Rohde stellte sich zunächst als neuer Vorsitzender der DTHG vor. Hubert Eckart, Geschäftsführer der DTHG, präsentierte die Möglichkeiten, wie Qualifikationen im heutigen Kontext, der vielfältigen Theaterlandschaft, dem kontinuierlichen Wandel und der EU-Richtlinien angegangen werden können. Zusammen mit Marc Grandmontagne wurde immer wieder betont, wie wichtig die Qualifizierung dieser zentralen Berufsgruppe in den Theatern sei.
Grundlage für das zukünftige Qualifizierungsprogramm wird ein zu erarbeitender Branchenstandard sein, der als Basis für einzelne Qualifizierungsmaßnahmen dienen wird. Das Qualifizierungsprogramm soll aus einzelnen Stufen aufgebaut sein, die auf E-Learning, Mentoring und der Idee des lebenslangen Lernens basieren. Der ‚Qualifizierte Inspizient‘ wird sich nicht nur durch Grundkompetenzen, sondern auch durch kontinuierliche Fortbildungen im allgemeinen und spezifischen Bereich auszeichnen. Damit ist er in der Lage, sich der ständig wandelnden Technisierung zu stellen.
Die Unterstützung durch den Deutschen Bühnenverein wird dazu beitragen, die Berufsgruppe der Inspizienten an den Theatern sichtbarer zu machen und somit langfristig die Qualität der Theaterarbeit zu sichern.
Im Rahmen der Abschlussrunde machten Katrin Reichardt und Ralph Hönle noch einmal deutlich, dass die Wahrnehmung der Arbeit des Inspizienten-Netzwerks in der Branche am besten durch die eigene Außendarstellung gefördert werden kann. Trotz der vielen und intensiven Gespräche mit den Verantwortlichen der Institutionen, die für die Berufsbeschreibung und Qualifizierung der Inspizienten mit dem Orga-Team hauptsächlich zusammenarbeiten und es unterstützen, ist es wichtig, dass das gesamte Netzwerk präsent ist und auch wahrgenommen wird, damit die Bedeutung unserer Berufsgruppe weiterhin allen Beteiligten bewusst ist.
Im vergangenen Jahr war festzustellen, dass sich die Zusammenarbeit mit den verantwortlichen Institutionen als teilweise schwierig gestaltet.
Zum Beispiel fehlt u.a. im “Handlungsleitfaden zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen für Beschäftigte in der darstellenden Kunst” der Unfallkasse NRW die Berufsgruppe der Inspizienten. Obwohl in den letzten Jahren mehrfach darauf hingewiesen wurde, dass Inspizienten unmittelbar am Bühnengeschehen beteiligt sind und zu der Berufsgruppe der Künstler gehören, wurden sie neben den anderen künstlerischen Berufsgruppen nicht erwähnt.
Das Orga-Team hofft, dass in Zukunft Absprachen und Prozessabläufe bereits im Vorfeld besser mit allen Beteiligten abgestimmt und kommuniziert werden.
Nach einer sehr angeregten und ausführlichen Diskussion erteilten die Kongressteilnehmer dem Orga-Team das Mandat zur Weiterführung der Qualifikationsausarbeitung.
Der nächste Inspizientenkongress wird 2020 voraussichtlich in Leipzig stattfinden.
Das Inspizienten-Netzwerk bedankt sich beim gastgebenden Thalia Theater, der Firma Salzbrenner und bei der DTHG für die finanzielle Unterstützung des 5. Deutschen Inspizientenkongresses in Hamburg.
Organisationsteam 2018:
Corinna Fussbach, Thalia Theater Hamburg
Marc Brinckmann, Theaterakademie August Everding München
Tommy Egger, Staatstheater Nürnberg
Tilla Foljanty, Theater Bonn
Ralph Hönle, Landestheater Tübingen
Sabine Konz, Oper Stuttgart
Katrin Reichardt, Aalto-Musiktheater Essen